Manuel Hohl ist der verantwortliche Kopf hinter der ganzen Beschneiung von Grächen. Als technischer Leiter am Berg ist er verantwortlich, dass das Skigebiet bis zur Saisoneröffnung am 13. Dezember pistenfertig ist – und es auch bis zum Saisonschluss Anfang April bleibt.
Für Manuel ist es der zweite Winter in dieser Position. Zuvor war er Leiter HR der TUG (Touristische Unternehmung Grächen). Er hat im Büro gearbeitet, Lohnauszahlungen, Mitarbeitergespräche und Administration gemacht. Heute sieht sein Arbeitsplatz ein wenig anders aus: «An die Kälte musste ich mich im ersten Winter erstmal gewöhnen», lacht er.
Ohne Vorerfahrung, aber viel handwerklichen Geschick hat der Grächner die vakante Position am Berg übernommen. «Es gibt dafür keine Lehre, keine Schule oder Ausbildung. Das Know-how wird einfach weitergegeben.» In seinem Fall hiess dies vor allem «Learning by doing».
Das Schwierige daran? Die Zusammenhänge zu verstehen. Das System ist anspruchsvoll und man muss sich reinarbeiten. Dabei sei das Priorisieren am wichtigsten. Denn die Beschneiung ist ein laufender Prozess. Stunde um Stunde wird neu evaluiert und Massnahmen getroffen, wie Manuel erklärt: «Wir agieren, reagieren und kontrollieren ständig und sind dabei voll abhängig von den äusseren Faktoren.»
Das Beschneiungsteam besteht derzeit aus vier Personen: zwei schneien durch den Tag, die anderen zwei während der Nacht. Manuel ist in der Tagesschicht und macht sich jeweils um 7.30 Uhr morgens auf Richtung Berg. Im Briefing mit der Nachtschicht wird Positives wie Negatives aus den letzten Stunden berichtet. Dann prüft er den Wasserstand und wie viele Kubik Liter wo verbraucht werden. Die anschliessende Tagesplanung ist von den Temperaturen abhängig: «Wir prüfen Temperatur, Wind, Luftfeuchtigkeit. Davon hängt das weitere Vorgehen ab.» Deshalb sei es auch so wichtig, selbst auf dem Berg zu sein: «Anhand einer Wetter-App allein können wir die Ausgangslage nicht bestimmen. Wir müssen vor Ort sein, um die Situation einschätzen zu können.»
Am Tag kümmere man sich zudem um Defekte und Verschiebungen, damit die Nachtschicht möglichst uneingeschränkt arbeiten kann. Manchmal macht Petrus einen Strich durch die Rechnung: «Zugeschneite und vereiste Lanzen und Schneekanonen haben uns schon einige Stunden Mehrarbeit und gefrorene Hände und Füsse beschert», schmunzelt Manuel.
In der vergangenen Woche hat das Team von perfekten Bedingungen profitiert. Die Temperaturen waren so tief, dass sie bis in den Talgrund schneien konnten. Wird es jedoch wieder wärmer, muss die Beschneiung zurück ins Seetalgebiet verschoben werden. Durch die ständige Umdisponierung bleibt Flexibilität das A und O - das bestätigen auch die Schneemacher aus Grächen. Und nicht immer läuft alles nach Plan: «Letzte Woche hatten wir einen plötzlichen Wasserverlust. Grund dafür war ein Leck, welches wir zuerst suchen und dann beheben mussten. Zum Glück ist das Problem mittlerweile behoben.»
31 Schneekanonen und 81 Schneelanzen beschneien die Pisten von Grächen.
Dafür stehen rund 150 000 Kubikliter Wasser für die ganze Wintersaison zur Verfügung. Die Kunst liegt darin, diese sinnvoll einzuteilen. «Wir haben für jede Piste ein Soll definiert. Dieses wird von Saison zu Saison optimiert. Je weniger Wasser, desto mehr Strom wird gespart. Bis jetzt wurden rund ein Viertel des Wassers verbraucht, aber es wird auch 24 Stunden am Stück beschneit.
Das Spannende: Grächen allein hat nicht genügend Wasser dafür – insbesondere nicht, wenn die Gäste kommen. Deshalb wird das Wasser auch aus dem Mattmark Stausee bezogen. Die Pumpwerke müssen das Wasser jedoch auf den Berg bringen – die Wassermenge ist also eingeschränkt und muss priorisiert werden, es gibt kein vorrätiges Wasser auf dem Berg. Das bedeutet in Spitzenzeiten der Beschneiung: Keine Reserve – alles, was hochkommt, wird wortwörtlich wieder «verpulvert».
Doch wie entsteht Schnee überhaupt? Dafür braucht es «eigentlich» nur Wasser, Luft und Druck. Durch diese Vermischung und das Pressen durch die Düsen wird das Wasser zerstäubt und beim Fall auf den Boden kristallisiert. In der Umsetzung ist es etwas schwieriger, denn die Temperatur allein reicht nicht, um beschneien zu können. Massgebend ist die Feuchtkugeltemperatur – ergeben aus der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit.
Schnee ist also nicht gleich Schnee. Das perfekte Weiss gelingt nur durch das Zusammenspiel dieser Komponenten. Je kälter und trockener, desto besser setzt sich der Schnee ab. Das kann auch mal für Verwirrung sorgen. «Manchmal fragen mich die Leute, weshalb wir bei Kälte nicht am Schneien sind. Dann ist es meine Aufgabe, diesen Vorgang zu erklären.»
Aktuell profitiert Grächen von den top Bedingungen und insbesondere die Kälte der letzten Woche spielt der Crew in die Karten. Dennoch sind die Tage lang und intensiv: «Das funktioniert nur mit Teamwork. Ich weiss um die Unterstützung meiner Kollegen und wir ziehen alle an einem Strang.»
Obwohl die Familie und Hobbys wie die Feuerwehr aktuell etwas zu kurz kommen, erfährt Manuel auch viel Freude in seiner momentanen Arbeit: «Draussen in der Natur sein zu können, nachts die Ruhe und den Sternenhimmel am Berg und tagsüber das unglaubliche Panorama – das ist schon etwas ganz Besonderes.»
Hinzu kommt das Lob vieler Menschen, sobald Grächen die Pisten eröffnet: «Wir ermöglichen den Leuten schöne Ferien. Und auch wenn man den Aufwand dahinter nicht immer sehen kann, sind die Gäste zufrieden und geniessen die Pisten.»
Er selbst fahre mit anderen Augen auf den Skiern, seit er diesen Job mache: «Sicherlich bewusster und mit mehr Nachsicht. Es ist das Resultat eines Zusammenspiels und ganz vieler helfender Hände. Von den Chauffeuren und Pistenfahrzeugfahrern, den Patrouilleuren für die Pistensicherheit und dem ganzen Elektriker- sowie Mechanikerteam in der Werkstatt.»
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